elend, 23.09.2006
Horned Owl aka Project Horned Owl (PS1 NTSC/JP)
(Das JP Cover)
Lightgunshooter übten seit je her eine große Faszination auf mich aus. Warum aber? Die Shooter sind oft ziemlich kurz, haben selten einen großen Handlungsfreiraum und strotzten noch nie vor Innovation. Aber eventuell ist es genau das, was man zwischendurch mal braucht. Sinnfreies geballer mit schicker Optik. Die Lightgun Hardware tut da ihr übriges. Eine Pistole mit einem, maximal 2 Buttons (Trigger und Reload), ist nun mal einfach zu bedienen und sollte jedem, der in seiner Kindheit schon gerne mit Karnevalspistolen geschossen hat, vertraut vor kommen. Die Schnittstelle User <-> Konsole ist somit eher förderlich, als hinderlich. Ein Vergleich mit Nintendos Wii kommt da in den Sinn.
Die Story
Das Setting erinnert etwas an den Anime Policenauts. Wir sind ein Polizist einer Elitetruppe in der Zukunft und müssen eine böse Invasion von mit Mechs ausgestatteten Terroristen, die sich lustigerweise “Metalica” nennen, verhindern, sonst würde unsere schöne Erde sterben. Etc. pp. Alles schon mal da gewesen.
Was die Japaner aber anders machen ist, wie sie es rüber bringen. Oft scheint es als würden sie denken: “Gut, unsere Story ist schon nicht so der Hit, also lasst sie uns wenigstens ordentlich rüber bringen!”. So wird sie nicht nur durch ein tolles Anime Intro eingeleitet, nein auch durch tolle Zwischensequenzen und für einen Lightgunshooter erstaunlich viel Dialoge während des Spiels weiter geführt. Am Schluss könnte man meinen, da wäre noch etwas mehr als ein schnödes “Aliens greifen Erde an” gewesen.
(Links: Titlescreen der US Version. Die JP Version ist (C) 1995 und somit der erste Lightgunshooter für die Playstation. | Rechts: Die Gegner sind wundervoll von Hand gepixelt.)
Gameplay?
Wenn First Person Shooter, 2D Shoot’em Ups oder Prügelspiele kopflos und wenig anspruchsvoll sind, was sind dann Lightgunshooter? Während man bei einem First Person Shooter umherlaufen, evtl. sogar Rätsel lösen und bei 2D Shoot’em Ups Reaktionen zeigen muss, so braucht man bei einem Lightgunshooter ja wirklich nur den Feuerknopf. Das Zielen geht ja eher intuitiv von statten. So “düst” man also nun, wie auf Schienen, durch die Levels und baller auf alles, was sich bewegt oder auch nicht bewegt. Denn das erste, was einem her auffällt ist die erstaunlich interaktive Umgebung. Man kann Bäume, Schilder, Tonnen und sogar ganze Autos zerschießen. Toll! Das mit dem durch die Levels “düsen” ist mit Vorsicht zu genießen, denn Horned Owl dürfte mit der langsamste Railshooter sein, den ihr kennt. Im Schneckentempo fliegen, bzw. laufen wir über Straßen, durch Häuser, in versteckte Basen, etc. Wirklich schnell wird es nur in Szenen, in denen man flüchtet. Allerdings finden sich da keine Gegner und man kann sich getrost zurück lehnen.
(Ausschnitte aus dem flotten Intro)
So schießen wir uns durch die Levels und merken, wie der optionale Streuschuss (Feuerbutton lange gedrückt halten) nur bei Endgegnern von Vorteil ist und greifen bei vielen Gegnern statt dessen lieber zur Granate, die den kompletten Bildschirm auslöscht. Beim normalen Schuss fiel mir allerdings etwas auf, das erst ungewohnt war, sich dann aber als nette Abwechslung herausstellte. Im Gegensatz zu Lightgunshootern wie Time Crisis oder Virtua Cop schießen wir hier mit langsamen Lasergeschossen. Das heißt, wenn ich einen Gegner im Visier habe und schieße, treffe ich nicht augenblicklich. Ich löse ledlich das Abschießen eines Projektils aus, das erstmal den Gegner erreichen muss. Das kann, bei sich schnell nach Links und rechts bewegenden Gegnern schon mal daneben gehen, so das ich präventiv VOR den Gegner schießen muss. Vielen wird das aus Spielen wie Wing Commander bekannt vor kommen. Wirklich schwer macht es das uns aber auch nicht. Nach ca. 30 Minuten hat man das Game schnell durchgespielt.
(Links: Einer der Endgegner sprengt ganz lässig ein Loch in eine Brücke. | Rechts: Dicke Explosionen.)
Musik
Die Musik hält sich mit Midi-Gitarren gottseidank eher dezent im Hintergrund. Genauso wie die meisten Sounds. Da hätten knackigere Soundeffekte bestimmt nicht geschadet. So ergibt sich während des Spiels ein eher matter Klangteppich der, selbst bei hoher Lautstärke, kaum die Nachbarn herbeibeschwört. Immerhin gibt es im Intro tolle Musik und das Ende wurde mit einem tollen eigens dafür komponierten Endingsong – komplett in Englisch – garniert.
(Links: Im Flughafen ist relativ viel zerstörbar. | Rechts: Eine der Zwischensequenzen)
Grafik
Wenigstens hier macht Horned Owl alles richtig. Die Grafik ist hübsch anzusehen und vor allem flüssig. Die Gegner sind begrüßenswerter !weise bis auf 2 Endgegner komplett gepixelt und obendrein toll animiert. Das mixt sich wunderbar, mit der spartanischen 3D Grafik, welche damals noch komplett ohne HDR Lighting, Textureinterpolation, Mip-Mapping oder sonstigem Schnickschnack auskam. Dazu kommen ebenfalls gepixelte Texturen und fertig ist die perfekte 3D Grafik die nichts vom Charme der früheren 2D Spiele verloren hat. Dazu kommen tolle, mit wenig Aufwand zu realisierende Effekte wie Regen und das durchbrechen von Glas bzw. Mauern (Wir fliegen immerhin mit einem dicken Mech umher und denen sind solche Hindernisse herzlich egal) und gute Explosionen. Mehr braucht es nicht für einen Lightgunshooter.
Fazit
Wenn ein “Judge Dredd” oder “Maximum Force” auf der PSone eher unbekannt sind und nie in einem Atemzug mit “geile Lightgunshooter” zu hören sind, dann wundert mich das nicht. Aber bei Horned Owl wunderte es mich schon etwas. Es ist ein tolles Spiel und erst recht im Vergleich mit den anderen Lightgunshootern (Crypt Killer oder Death Crimson anyone?) eine wahre Perle. Warum ist es dann nicht so bekannt? Ungerechte Welt. Jedenfalls genau das richtige wenn man auf solche Games steht und gerade gefrustet das Durchspielen von Exhumed etwas verschoben hat, wie in meinem Falle. Aber auch das habe ich demnächst durch und schreibe ein Review dazu. ~_?