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A War Named Desire HK 2000
Als seine Mutter stirbt, reist Jones (Daniel Chan) zusammen mit seiner Freundin Jesse (Pace Wu) nach Thailand, um seinen Bruder Charles (Franics Ng) zu suchen. Er möchte sich das Geld wiederholen, dass dieser vor langer Zeit von der Familie stahl. Wie sich herausstellt, ist Charles mittlerweile Boss einer Gang, die sich in Thailand einen Namen gemacht hat und ständig im Clinch mit verfeindeten kriminellen Organisationen liegt. Schneller als ihm lieb ist, wird Jones in die Angelegenheiten seines Bruders hineingezogen.
Bevor Alan Mak zusammen mit Andrew Lau 2002 mit Infernal Affairs der internationale Durchbruch gelang, drehte er 2000 das vorliegende Actiondrama A War Named Desire. Eigentlich ein Film, der 10 Jahre zu spät kam, denn mit dem Mythos des ehrenwerten Kriminellen, einer von Verrat und unlogischen, rein der Dramatik dienenden Plotwendungen durchzogenen Story, Overacting und teils kitschiger Musik liegt er gar nicht mal so weit weg von der Heroic Bloodshed-Welle der späten achtziger Jahre. Doch die hochwertige Inszenierung und vielschichtigen Charaktere verhindern, dass A War Named Desire im Hongkonger Gangstereinerlei untergeht. Während Francis Ng seine Figur gewohnt souverän spielt, beginnt man als Zuschauer schon bald, auch für die Personen um ihn Gefühle zu entwickeln. Da gibt es einmal York (Dave Wong), ein harter Typ mit weichem Kern, der als rechte Hand Charles’ dient; seine schöne Schwester Snow (Gigi Leung), wohl die mysteriöseste Figur des ganzen Films, den schrägen, tuckigen Mark, natürlich gespielt von Sam Lee; sowie den intriganten Master King, ein gealterter Gangster, der im Hintergrund die Fäden zieht. So gesehen alles Persönlichkeiten mit der Komplexität von Pappaufstellern, doch die hervorragenden Schauspieler verhelfen zu einer gewissen Glaub- und Liebenswürdigkeit.
Bei diesem farbenfrohen Ensemble geht Daniel Chan mit seinem Popstar-Face unter, was aber nicht weiter schlimm ist. Langeweile kommt ohnehin nie auf, Alan Mak kutschiert seine Charaktere zwar von einer Klischeegrube zur anderen, tut dies aber mit einer solchen Unbekümmertheit und Stilsicherheit, dass man ihm den ein oder anderen Aussetzer verzeiht. Unter Freunden verkündete Sprüche wie “Wenn du mir eines Tages eine Kugel in die Brust jagen musst, dann zögere nicht” wirken zwar auf den ersten Blick mehr als pathetisch, doch in der von Alan Mak konstruierten Welt sind sie zur Selbstverständlichkeit geworden. Am Ende lässt Mak den Plot links liegen und zieht dann noch mal alle Register: Vom toll choreographierten, kurzen Shootout mit den tanzenden Francis Ng und Gigi Leung über die letzte großen Konfrontation in Charles’ Haus inklusive explosiver “Ich opfer’ mich für dich”-Einlage bis zur finalen, furios geschnittenen Auto-zu-Auto-Ballerei – ein Riesenspaß für Jung und Alt (ehm), an dessen Ende nur die Einsicht bleibt: “They don’t make them like they used to”.
Ja, irgendwie ist A War Named Desire einer der letzten Filme seiner Art. Werke wie Infernal Affairs, Election und Dog Bite Dog haben den Mythos des Kriminellen mit Herz und Ehre längst auseinandergenommen wie der Metzger sein armes, dickes Schweinchen. Wir danken Alan Mak für diesen Quasi-Abgesang auf ein totgelaufenes Genre, in dem er all das konzentriert, was Hongkonger Actionfilme so charmant und reizvoll machte. Richtig, machte: Eine Vergangenheitsform verleiht diesem Kommentar nochmal eine besondere Tragik, denn wir wissen ja um das Schicksal des heutigen HK-Kinos. Einer der wenigen, die da noch die Flagge hochhalten, ist natürlich Johnnie To. Der hat mit diesem Film natürlich nix zu tun, aber die Nennung von Johnnie To in Filmreviews gibt sicher Extrapunkte bei der Milkyway Internet Überwachungsanstalt. Hihi!