Bullet In The Head

BULLET IN THE HEAD
john woo | hong kong | 1990

Hong Kong 1967. Die drei Freunde Ben (Tony Leung Chiu-Wai), Frank (Jacky Cheung) und Paul (Waise Lee) leben in ärmlichen Verhältnissen, sind aber relativ glücklich, da sie einander haben. Nichts kann ihre Freundschaft brechen. Als Ben beschließt seine durchaus sehr sexy aussehende Freundin zu heiraten, macht sich Frank auf, um sich Geld zu leihen. Das anstehende Hochzeitsbankett will schließlich auch bezahlt werden. Leider fällt Frank – kaum das Geld in der Tasche – direkt in die Hände von Ringo, der ihm erst einmal ordentlich eine Flasche gegen den Kopf knallt, da Frank ihm eigentlich noch Geld schuldet. Blutend beim Hochzeitsbankett angekommen, kann Ben nicht weiter zusehen und zusammen suchen sie Ringo auf. Es kommt zum Kampf und Ringo stirbt. Aus den Freunden sind nun Mörder geworden.

John Woo ist ja eigentlich total overrated. Zwar ist er für geniale Filme wie The Killer oder A Better Tomorrow mitverantwortlich, aber die Filme davor konnte man in die Tonne treten und die Filme danach erst recht. Von seinen Hollywood Eskapaden mal ganz zu schweigen. Aber dafür sind die wenigen guten Filme von ihn dann auch wirklich gut. Bullet In The Head ist einer von ihnen. Ursprünglich war BITH, wie ich ihn von nun an nennen werde, als A Better Tomorrow Teil 3 geplant, aber aufgrund von Streitigkeiten mit Tsui Hark oder was weiß ich, kam es nicht dazu. ABT 3 wurde ein hurenlamer Film und BITH ein ziemlich geiler Streifen über die Freundschaft dreier Hong Konger Jungs, die in den Wirren des Vietnamkrieges auf die Probe gestellt werden soll.


(Links: Das Hochzeitsbankett von Ben und dessen super süßer Freundin | Rechts: Die Ereignisse am Tiananmen Platz inspirierten Woo zu dieser Szene.)

So lässt sich der Film fast in zwei Teile teilen. Einmal die Geschehnisse in Hong Kong (Wenn auch kurz) und einmal die Action in Vietnam. Anfangs könnte man noch meinen einen der zahlreichen Hong Konger Bloodshedfilme zu schauen, aber schon mit der Ankunft in Vietnam wird klar: Jetzt wird’s sick. BITH ist imho mit der emotionalste und dadurch auch der brutalste Film von John Woo. Gerade die Szenen in Vietnam lassen, im Hinblick auf die realen Hintergründe, ein mulmiges Gefühl in einem zurück und wissen, trotz Jacky Cheungs Overacting, wo sie einen treffen müssen. Hier bekommen John Woos Zeitlupen eine ganz andere Funktion. Die Coolness ist plötzlich weg und musste den Platz tauschen mit blankem entsetzen. Auch der exorbitante Einsatz von Blut wirkt hier eher für die Aussage anstatt der Optik, geschweige denn Coolness. Krieg ist ernst, Krieg ist brutal, Krieg ist erbarmungslos. Das wollte John Woo zeigen und genau das kommt rüber. Dabei wirken die Szenen gottseidank nicht aufgesetzt, sondern passen sich relativ gut in den Handlungsstrang ein. Außer Krieg in Vietnam, gibt es da noch die schon angesprochene Freundschaft der drei Hong Kong Chinesen. Diese bekommen wir unmittelbar mit, da es fast keine Minute im Film gibt, ohne mindestens zwei der Freunde im Bild zu haben. Wir sahen sie zusammen in Hong Kong, als noch alles in Ordnung war. Ja, sogar Waise Lee durfte etwas lachen. Wir erleben ihre Flucht nach Vietnam, die Schießereien, die Flucht in Vietnam vor den Soldaten des Vietcongs. Bis zur 131sten Minute kleben wir an den drei Jungs und können nicht anders, als mit ihnen mitzufühlen, sie zu verstehen und sie zu mögen.


(Links: Die Schießerei in der Bar ist einfach die dickste | Rechts: Simon Yam als teils gayer, aber trotzdem cooler ex-CIA Agent.)

Das ist sicherlich nicht nur dem Drehbuch zu verdanken, sondern auch zu einem großen Teil den Darstellern, die alle vier Veteranen des Hong Konger Kinos sind. Vier? Genau. Simon Yam ist noch dabei und spielt so homoerotisch er nur kann. A… ab… absolut überzeugend. Einzig und allein Jacky Cheung fällt hin und wieder durch sein absolut krankes Overacting negativ auf, aber evtl. passt es auch zum Charakter. Wer weiß. Gerade am Schluss sehen einige Szenen dank ihm leider etwas unglaubwürdig aus. Der Rest, Tony Leung Chiu-Wai und Waise Lee, sind geil wie eh und jeh und trotz dem etwas unpassendem Setting für einen Tony Leung Chiu-Wai fügt dieser sich nahtlos in das Geschehen ein und überzeug mal wieder auf ganzer Linie.

Die Inszenierung der Schießereien ist, wie von Woo eben gewohnt, ziemlich nice, ziemlich detailliert, ziemlich dreckig, ziemlich blutig, ziemlich abgefahren. Einzig und allein der Angriff der Amerikaner wirkt etwas komisch und lässt zusammen mit dem Ausrutscher des Soundtracks eher “Missing In Action” oder “Rambo” Stimmung aufkommen, was meiner Meinung nach nicht so recht passt. Ansonsten ist der Soundtrack aber recht gelungen. Es gibt wieder ein schönes Main Theme, welches auch bis zum Ende ausgequetscht wird, wo es nur geht. Aber hätte schlimmer kommen können.

So ist der Penenabzug einzig und allein Jacky Cheung zu verdanken, welcher einfach zu over the top ist. Ansonsten überzeugt BITH auf ganzer Linie und lässt einen so schnell nicht los. Definitiv John Woos bester Film, bevor er sich dazu entschied in Hollywood nur noch Kotze auf Zelluloid zu bannen.

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