The Longest Nite

The Longest Nite (Hong Kong 1998)

Sam (Tony Leung Chiu-Wai) ist ein korrupter Cop, der die Triadenbanden von Mr. K und Mr. Lung mehr als Freunde denn als Feinde sieht. Die eigentlich verfeindeten Banden beginnen gerade mit Friedensverhandlungen, als der mysteriöse, doch mächtige Mr. Hung ein Kopfgeld auf Mr. K aussetzt und die Triadenwelt zur Explosion bringt. Da tritt auch noch der zwielichtige Tony (Lau Ching Wan) auf den Plan, Sam findet eine Leiche in seiner Wohnung und muss hilflos mit ansehen, wie er in einen Strudel des Verbrechens gerät.

Böse Zungen behaupten ja, dass die komplette Milkyway-Filmographie von The Longest Nite-Regisseur Patrick Yau in Wahrheit auf das Konto von Johnnie To geht. Der sollte sich mit Yau auch noch später, bei Where A Good Man Goes in die Haare kriegen und kurzerhand dort auch offiziell den Regiestuhl für sich beanspruchen. 2000 drehte Yau dann noch The Loser’s Club, dessen Qualität mit “seiner” Milkyway-Crime-Trilogie so gut wie gar nichts mehr am Hut hatte und die Gerüchte damit bestätigen dürfte.

Beim Anblick von The Longest Nite wirkt diese Tatsache allerdings alles andere als überraschend: Die sorgfältig durchleuchteten Szenen, eleganten Kamerafahrten und opulenten Bilder sind ein unverwechselbares Markenzeichen Johnnie Tos. Ein Großteil des Films spielt sich (logischerweise) bei Nacht ab, die vorherrschenden Farben sind blau und schwarz und treffen damit die Grundstimmung perfekt. The Longest Nite ist ein bitterböser Film, dessen von Verrat und Intrigen gespickte Story man als Zuschauer ebenso unverständlich und hilflos verfolgt wie sein Protagonist Sam. Hier gibt es keine pflichtbewussten Cops (von denen Sam ebensowenig einer ist) und keine ehrenhaften Triaden. Wörter wie “Loyalität” und “Treue” wurden auf den Straßen Macaus längst kaltblütig von “Geld” und “Macht” überfahren.

Wie schon gesagt, die sich um Sam entfaltenden Ereignisse sind beinahe unmöglich im Detail nachzuvollziehen, irgendwie undurchsichtig. Dem Film tut das keinen Abbruch. Man ist genug beschäftigt, zu sehen, wie Sam langsam kapiert, dass auch er nur zum Spielball der Triaden geworden ist und verzweifelt einen Ausweg sucht. Lau Ching Wan als Tony übt auf Zuschauer wie Sam eine unglaubliche Ausstrahlung aus, das zwischen ihm und Tony Leung entstehende Psychoduell sucht im HK-Kino immer noch seinesgleichen und muss sich allenfalls mit der Performance von Lau Ching Wan (huch!) und Francis Ng in Full Alert messen. Obwohl ihre Charaktere scheinbar auf unterschiedlichen Seiten stehen, ähneln sie sich weit mehr, als sie sich zugestehen würden – diese Facette der Geschichte drückt sich im Showdown mit der Subtilität eines Holzhammers aus.
Ansonsten tauchen natürlich auch Routiniers wie Lam Suet auf und vermögen auch im Bereich der Nebendarsteller die Leinwand angemessen auszukleiden.

Die eingestreuten Shootouts sind solide Kost, leiden aber unter dem schlechten Sounddesign und der unpassenden Musik. Wie wir alle wissen, war das bei Milkyway um diese Zeit noch ein bisschen das Problem. Klanglich macht der Film längst nicht so eine gute Figur, ist den Bildern in dieser Hinsicht alles anderes als ebenbürtig, aber es ist auszuhalten. Gut, dass die Schießereien nicht Mittelpunkt des Geschehens in The Longest Nite sind. Wir haben es eher mit einer Art Noir-Krimi zu tun, pechschwarz vom Anfang bis Ende. Apropos Ende: Das ist selbstverständlich unangenehm wie ironisch und führt die Story konsequent zu einem glaubwürdigen Schluss. Ein ärgerliches, bösartiges Ende, man wird es vielleicht hassen. Und genau darum geht’s: Wenn man mit einem bitteren Nachgeschmack die DVD aus dem Player holt, hat The Longest Nite sein Ziel erreicht. Einen düstereren, nihilistischeren Triadenfilm wird man in Hong Kong (vielleicht Dog Bite Dog mal ausgenommen) nicht mehr finden.

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Crank

Crank USA 2006

Auftragskiller Chev Chelios (Jason Statham) wird von seinen Auftraggebern hintergangen und bekommt ein Gift gespritzt, dass ihn tötet – nur Adrenalinschübe verspäten den Einsatz der Wirkung. Mit der wenigen Zeit die er hat, macht er sich auf Rache zu üben.

Geile Scheiße. Der beste Popcorn-Action-Film seit langem. ~_~ Jason Statham fand ich ja schon immer nice, obwohl The Transporter ja für den Arsch war. Aber die Story hier macht es ja quasi zum Zwang, dass es rund um die Uhr Action gibt. Ein rockiger Soundtrack, ziemlich geniale, augenzwinkernde Comedy-Momente inkl. der besten Sexszene die je gemacht wurde, abgedrehte Kamerafahrten, Schnittfrequenzen jenseits von MTV…Crank erlebt man wie sein Hauptdarsteller als einzigen Rausch. Da ist null Substanz, null Tiefe, wen stört’s? So müssen Actionfilme sein. Crank scheint zusammen mit Filmen wie Running Scared eine neue Ära an Actionkino einzuläuten, das kompromissloser, minimalistischer und überdrehter ist als die Art aufgeblasener Mittneunziger-Bruckheimer-Produktion, die uns früher als “Action” verkauft wurde.

Richtig, dieser Film zielt genau auf die Gruppe der pubertierenden Jugendlichen, die seinen Bekanntheitsgrad (und damit die DVD-Verkäufe) auf hunderten Schulhöfen ins Unermessliche steigern werden, das ist durchkalkulierte Coolness für den 14-Jährigen in allen von uns – aber verdammt noch mal, wer ernsthaftet behauptet, das würde nicht solch einen unfassbaren Spaß machen, dem gehört wohl auch mal so eine beschissene Spritze in den Arsch geschossen.

Ich bekenne mich schuldig. Mordsgaudi. Anschauen.

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Arrest The Restless

Arrest The Restless Hong Kong 1992

Lam (Charles Heung) ist ein ehrlicher Cop. Bei der Aufklärung eines Mordfalls, in dem der Sohn eines mächtigen und reichen Mannes als Täter ermittelt wird, lehnt er eine Bestechung ab. Er wird zur Juvenile Section versetzt, offiziell ein Teil der Polizei die sich mit Ermittlungen gegen Jugendbanden beschäftigt aber eigentlich nur der Abstellplatz für die größten Idioten in der Polizei. Auf der anderen Seite des Gesetzes steht Teddy (Leslie Cheung), Anführer einer Jugendgang. Eines Tages kreuzen sich die Pfade Lams und Teddys.

Tjo. Erstmal ist an dem Film ganz schön das er das 60s-Setting konsequent rüberbringt und beibehält. Leslie Cheung ist sehr charismatisch und Charles Heung auch aber irgendwie passiert einfach nicht viel. Man sieht wie Teddy sich in ein Mädel verliebt und dann gibt es auch noch den bösen Triadensohn Sam der auch am Anfang für den Mord verantwortlich war. Lam hilft ihm früher oder später auch. Einzig das Ende wird dann wieder actionreicher, ansonsten ist dieses schöne Setting irgendwie verschwendet worden, denn Teddy tut den ganzen Tag nix anderes als sich mit seiner spielsüchtigen Mutter streiten und Lam ärgert sich mit seinen Kollegen rum. In einem kleinen Cameo gibt’s Regisseur Fruit Chan als Polizist Whiz zu sehen, der für den kleinen Comedyteil des Films sorgt.

Ach ka. Vielleicht muss ich nochmal schauen und wäre das schöne Ende nicht gewesen würde ich sogar noch einen weiteren Pen abziehen. Arrest The Restless ist einfach viel zu unauffällig und langweilig. So. Schade drum. ~_~

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Resurrection Of The Golden Wolf

Resurrection Of The Golden Wolf Japan 1979

Asakura (Yusaku Matsuda) ist ein einfacher Bankangestellter, der nicht viel verdient und immer sehr gehorsam ist. Doch er hat auch eine andere Seite: Wenn er nicht zur Arbeit geht, verwandelt er sich in einen geldraubenden, drogendealenden Badass, der Schrecken jedes…normalen Menschen. Mit allen Mitteln versucht er, die Firma für die er arbeitet eines Tages zu übernehmen.

Resurrection Of The Golden Wolf ist ein seltsamer Film. Die ersten 40 Minuten ist man vom Bild- und Musikstrudel völlig erfasst. Cool wie ein Schweinehund zieht Asakura mit Sonnenbrille und 70s-Frisur durch die Straßen, fährt einen dicken Sportwagen, schießt Gangsterbosse zusammen, klaut Geld, macht Frauen heroinabhängig und bumst sie dann, spielt Firmenbosse gegeneinander aus. Dann ist er am nächsten Tag einfach wieder der brave Angestellte. Richtig Sinn ergibt das zwar nicht, aber scheiße, es macht Spaß. Zu keinem Zeitpunkt steht die Kamera still, immer in Bewegung, unterstützt von einem supergeilen Soundtrack, eine Mischung aus funkigen Siebziger-Beats und JPop.

So hätte der Film bleiben müssen. In 80 Minuten. Mehr hätte er gar nicht gebraucht. Doch dann entscheidet sich Regisseur Toru Murakawa aus einem unerfindlichen Grund dazu, alles in Richtung Drama zu hieven. Auf unnötige Weise verkompliziert er im 2. Drittel des Filmes die Story, bei der es Asakura durch eine Reihe Intrigen und Erpressungen gelingt, tatsächlich vom kleinen Bankangestellten ganz an die Spitze der Firma zu gelangen. Dies spielt sich in zahllosen, zu langen Szenen ab in denen viel geredet wird. Laaaangsam. Viel zu laaangsam. Keine Ballereien mehr, nur kleine Machtspielchen. Man kapiert irgendwann nicht mehr, wer hier eigentlich wen zu hintergehen versucht. Dazu noch einen Liebes-Subplot, und zuviel ist zuviel. Man hofft: “Gut, hoffentlich gibt’s am Ende wenigstens noch eine dicke Ballerei!” aber nein. Völlig antiklimaktisch endet der Film, und obwohl das Ende gar nicht mal schlecht gemacht ist – einer Frau gelingt das, was tausend Gangster Asakura nicht anzutun vermochten – aber es fehlt was. Man vermisst den Drive des ersten Drittels. Wirklich, wirklich schade.

Der Film ist natürlich nicht schlecht. Im Gegenteil. Hauptdarsteller Yusaku Matsuda ist perfekt gemacht für diese Rolle, ein muskulöser, dunkelhäutiger Typ, der nur eine Perücke und Brille aufsetzen braucht um wieder wie ein harmloser Taugenichts auszusehen. Ebenfalls sehr charismatisch in einer Nebenrolle: Sonny Chiba. Keine Frage, die Schauspielleistungen sind gut, die Bilder klasse, die Musik über jeden Zweifel erhaben, da wünscht man sich einmal das so ein Film einfach nicht mehr sein soll als Action, Titten und dicke Autos (Verfickt nochmal, in den ersten 40 Minuten ist er das auch, und macht seine Sache verdammt gut), dann geht jemand hin und macht es unnötigerweise viel zu abgehoben. Nach 130 Minuten hat sich der Film einfach wie ein Teppich ausgerollt, am Ende steht kein großer Knall mehr, gar nichts. Es ist ärgerlich.

Und doch hat Golden Wolf in mir das Bedürfnis ausgelöst, mehr in der japanischen Seventies-Schatzkiste rumzugraben. Da gibt’s wohl noch viel zu holen, von Toei’s Pinky Violence Filmen bis zu frühen Seijun Suzuki-Werken. Denn zieht man in Betracht, dass ich an dieses Werk mit so gut wie gar keinen Erwartungen ging, bin ich extremst überrascht, was für eine inszenatorische Qualität festzustellen war. Ich bin gespannt, was sich noch finden wird.

Auch überrascht war ich von der IVL-DVD die den Film einfach nahezu perfekt präsentiert. Die Farben sind etwas blass, doch der Ton klingt wie von heute, das Bild ohne Beschädigungen oder Verschmutzungen. Wenn ich mir überlege, wie die Italiener zu der Zeit teilweise mit ihren Prints umgegangen sind, muss ich ein großes Lob aussprechen.

Wertung ist jetzt schwierig. Die ersten 40 Min. sind einfach der schiere Hammer. Dann kommt nur noch wenig spannendes, das aber alles andere als schlecht gemacht ist. Hm. Sagen wir, sehr gute 3 Penen. ~_~

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Scarred Memory

Scarred Memory Hong Kong 1996

Ivy (Veronica Yip, in ihrer letzten Rolle bevor sie die HK-Filmwelt verließ) ist eine eigentlich glückliche Doktorin in einem Hong Konger Krankenhaus. Vor 2 Monaten jedoch wurde sie von einem Mann vergewaltigt, was sie bis heute vergeblich zu verdrängen versucht.
Eines Tages erwischt sie auch noch ihren Geliebten, wie er sie mit einer Krankenschwester betrügt. Immer noch geschockt und traumatisiert passiert ihr am selben Tag eine Fahrlässigkeit, als ein verletzter Gangster, Lung (Simon Yam) in die Notaufnahme kommt. In Folge dessen verschlimmert sich sein Zustand, er fällt ins Koma.
Ivy schmeißt die Arbeit hin und zieht nach Macau, um das Geschehene zu vergessen. Inzwischent kommt Lung mit schwerem Gedächtnisverlust und geistiger Umnachtung zu sich. Ivy trifft ihn zufällig, und beginnt sich um ihn zu kümmern. Sie freunden sich an und es entwickelt sich sogar eine Liebesbeziehung. Dabei hat Lung trotz seiner Harmlosigkeit einige düstere Geheimnisse – und nur eins davon ist seine Triadenvergangenheit…

Das ist also Scarred Memory. Auch Regisseur Raymond Leung, zuvor für Sleazeattacken wie Angel verantwortlich, hat sich scheinbar nach dieser Arbeit aus dem Business zurückgezogen. Was schade ist, denn hier haben wir einen beachtlichen Mix aus Liebesdrama und Psychothriller vor uns. Gespickt mit vielen Flashbacks erfährt der Zuschauer erst langsam die Details über die Vergewaltigungsnacht sowie die Vergangenheit Lungs. Ich nehme an, sein CAT III-Rating hat der Film auch wegen der (doch für westliche Verhältnisse vergleichsweise harmlosen) Vergewaltigungsszene.
Wer nicht gerade völlig verblödet ist (Hi Max!), sollte jetzt eigentlich leicht ahnen können, auf welchen Twist die Story hinarbeitet. Wenn nicht, Achtung Spoiler…

Es war natürlich Lung, der Ivy damals vergewaltigte. Das Thema des Films daher: Kann Liebe die Menschen vergessen lassen? Ivy merkt zuerst, dass Lung es war, trotzdem hält sie an ihm fest. Tatsächlich ist er ein völlig anderer Mensch als damals geworden, will ein ehrliches Leben zusammen mit Ivy beginnen. Nach und nach beginnt aber auch Lung sich an seine Vergangenheit zu erinnern und auch sein Geisteszustand wird klarer.
Das kleine Problem des Films ist jetzt: IMHO entsteht dieser Gewissenskonflikt viel zu spät. Erst so nach ca. über einer Stunde wird Ivy klar, dass Lung sie vergewaltigt hat. Darum wird dieser, eigentlich wichtigste Aspekt des ganzen Films etwas zu kurz und oberflächlich behandelt. Immerhin sehen wir vorher, wie gut die beiden sich anfreunden und können ihr Handeln besser nachvollziehen.

Ansonsten ist Scarred Memory äußerst kompetent inszeniert. Zwar wird Leung die leicht billige Sleaze-Atmosphäre nie wirklich los, doch die vielen, die sonst unauffällige Dramatik durchbrechenden Flashbacks machen es dem Zuschauer immer wieder sehr ungemütlich und heben den Film kilometerweit aus der Masse quietschiger CATIII-Bumsfilmchen heraus. Raymond Leung schafft tolle Kontraste zwischen der sonnigen Idylle Macaus und den düsteren Bildern direkt aus den Gedächtnissen der Charaktere. Die (Synthesizer-)Musik ist recht stimmungsvoll und tritt in den wichtigsten Szenen positiv in Erscheinung. Etwas übertrieben hat es Leung dann schließlich mit dem Ende, das – bei objektiver Betrachtung – zusehr in Richtung Triadenfilm schielt und den Pathosregler auf Maximum dreht. Für sich genommen handelt es sich jedoch um die beste Szene im Film – phantastisch, gar poetisch greifen hier klassische Musik (Ich komm grad nicht drauf, was es ist, kennt aber jeder – wir reden hier von einer Originalorchesteraufnahme!), die tolle Schauspielleistung Simon Yams und zeitlupengestütze Bilder ineinander, um den Film zu einem tragischen, konsequenten Schluss zu bringen. Wäre es Leung möglich gewesen, den ganzen Film auf dieses Niveau zu hieven, hätten wir wohl beinahe von einem Meisterwerk sprechen können.

So bleibt Scarred Memory überdurchschnittlich gutes, charmantes Mittneunziger-HK Kino wie man es liebt. Wer seine Erwartungen nicht zu hochschraubt, hat viel Spaß mit diesem, zwischen allen Genrestühlen sitzenden Film.

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