Hyper Light Drifter ist eine dieser Indieproduktionen, die obergeil aussehen und nebenbei ne ganze Menge Probleme haben. Ich hab sogar schon Leute gehört, die Hyper Light Drifter mit A Link to the Past vergleichen und da muss ich leider ganz laut und viel lachen. Hyper Light Drifter ist nie und nimmer ein 2D Action RPG und auch kein Action Adventure. Es ist im besten Fall ein schickes, isometrisches Hack ‘n Slay mit gerade so viel Tiefgang, dass man es mit einem “Ja, aber…” ganz gut rechtfertigen könnte. Aber fangen wir mal mit den tollen Sachen an.
Es sieht echt verdammt großartig aus. Ich meine, aus Pixelgrafik kann man ja eh die wundervollsten Sachen bauen, und hier hat man dran gedacht, mehr auf Style zu achten, als auf alles andere. Es ist einfach fett. Bei den Hintergründen ist es vor allem der Detailgrad, der einem auffällt. Es gibt kaum erkennbare Muster oder sich wiederholende Elemente. Überall gibt es irgendwelches Zeug zu bewundern. Skelette, Leichenhaufen, marode Geschütztürme, und hier und da auch schon mal der Kopf eines seltsam aussehenden Giganten. Es blitzt und blinkt, Wasser fließt, Fahnen wehen, Gras bewegt sich, überall sind kleine Lichter versteckt. UND SO VIELE FARBEN! Sehr hübsch alles. Bleibt leider durch die wenigen Schattierungen irgendwie… “flach”, ist aber nicht schlimm. Und die Animationen, tja, also, poah. POAH! Es gibt zwar relativ wenige Gegnerarten, aber die sind alle beinhart gut animiert. Der Light Drifter natürlich auch. Die Bosse schießen aber den Vogel ab. Ich finde das schon ziemlich beeindruckend.
Auch der Sound macht durchaus was her. Der Soundtrack ist von Disasterpeace und ja, es klingt leider ein bisschen zu sehr nach FEZ. Also, es klingt wirklich sehr wie FEZ. Irgendwo hab ich auch den Namen Baths gelesen, und wer den kennt, sollte bescheid wissen. Obsidian ist beschte Album. Ich empfehle euch das hier ausdrücklich. Perfekt zum Bahnfahren an verregneten Novembertagen. Hin und wieder kriegt man ein bisschen was an Ambientsounds mit, aber meist klingt es leider zu sehr nach FEZ. Also, das ist jetzt nicht schlimm oder so, aber man kennt es halt. Und das muss nicht unbedingt sein. Hey, Richard: Bisschen den Reverb rausnehmen und neue Soft Synths besorgen könnte helfen. Protip von mir. Weißte bescheid.
Es spielt sich wie warme Butter! Die Steuerung ist super responsive und geht nach ein paar Minuten locker von der Hand. Fühlt sich alles sehr natürlich und neutral an. An die Timings von Angriff und Ausweichen muss man sich allerdings erstmal gewöhnen, sonst fällt man relativ schnell hart auf die Schnauze. Hyper Light Drifter ist kein leichtes Spiel und es braucht durchaus etwas Einarbeitung, bis man die Bewegungsmuster der Gegner raus hat, um entsprechend reagieren zu können. In seinen besten Momenten ist Hyper Light Drifter fordernd bis unerbittlich und seeeehr befriedigend. Vor allem wenn es gegen die Bosse geht, muss man Durchhaltevermögen beweisen und seine allerbesten Reflexe auspacken. Es ist kein Titan Souls, aber es ist auch kein Strandspaziergang mit deiner rolligen Freundin. Also wachsam bleiben.
In seinen schlechtesten Momenten ist Hyper Light Drifter frustrierender, flachbrustiger Bockmist, den ich unverzüglich und ohne Gnade von meiner Festplatte gebrannt hätte, wäre da nicht die Hoffnung gewesen, durch das Durchspielen wenigstens IRGENDWAS über die Story oder den Protagonisten zu erfahren. Aber nö. Nix. Null. Manche Designentscheidungen sind so aberwitzig, dass ich sie mir nur so erklären kann, das Spiel durch fast unüberwindbare Hürden künstlich in die Länge zu ziehen. Aber fangen wir vorne an.
Spielerisch ist Hyper Light Drifter dürftig. Es gibt ein Schwert, für das man drei Techniken erlernen kann, einen Dash zum Ausweichen, den man ebenfalls dreimal aufleveln kann, mehrere Pistolen und Gewehre für den Fernkampf, und eine Granate. Dat war’s. Die Suche nach Geheimnissen besteht in den meisten Fällen daraus, planlos an den Rändern der Wege entlang zu laufen, um darauf zu hoffen, dass irgendwo ein versteckter Durchgang ist, den man nicht sieht. Gegenstände zum Erkunden gibt’s überhaupt keine. Daher hinkt der Vergleich zu A Link to the Past wie ein einbeiniges Minenopfer ohne Krücken. Auch das Spielprinzip ist irgendwie lame. Man tut im Grunde nichts außer in jedem Areal (Norden, Osten, Süden, Westen) genügend (drei) Schlüsselfragmente zu sammeln, damit die Tür zum Boss aufgeht.
Und wie gesagt: Es sieht bombig aus, aber Hyper Light Drifter macht aus seiner wundervollen, verträumten Grafik überhaupt nichts. Dadurch, dass es im Grunde keine nachvollziehbare Story gibt, keinerlei Erklärungen über die Welt, Charaktere oder Hintergründe, bleibt Hyper Light Drifter eine vollkommen leere Kulisse, die man zwar irgendwie erlebt, aber zu der man keinen Bezug aufbaut. Einzig die kleinen Bildergeschichten, die von NPCs erzählt werden, haben immerhin etwas erzählerisches. Und teilweise ist das ziemlich cool abgefucktes Zeug. Ansonsten beschränkt es sich auf: “Häh?” “Wat?” “Wieso ist da jetzt wieder dieser schwarze Hund?” “Warum muss ich diese vier Pfeiler aufrichten?” “Was war das für ne Explosion am Anfang?” “Und warum huste ich andauernd Blut?” “Und was spielen diese gigantischen Riesen für ne Rolle?” “Und was passiert am Ende?” “Häh?” “HÄH?” Mag sein, dass durch das Finden der Secrets die ganze Geschichte klarer wird, aber das tu ich mir nicht an.
Weil, hier ist das Ding: Hyper Light Drifter büßt seine brontal gute Spielbarkeit durch eben absolut beschissenes Design ein. Man kann nicht blocken, nur mit dem Dash ausweichen. Es gibt auch keinen wirklichen Cooldown, nachdem man getroffen wurde und das Anwenden des Heiltranks dauert ein, zwei Sekunden, in denen man sich nicht bewegen, aber natürlich getroffen werden kann. UND JETZT KOMMT’S GANZ DICKE: Hin und wieder Andauernd werden Teile der Umgebung in viel zu kleine Arenen abgeteilt, die KOMPLETT VOLL MIT GEGNERN SIND, aus denen man sich freikämpfen muss. Folge: Man stirbt innerhalb von Millisekunden und weiß überhaupt nicht, was passiert ist. Dann versucht man’s noch mal – mit dem haargenau gleichen Ergebnis wie beim ersten Mal. Und dann noch mal, und noch mal, und noch mal UND NOCH MAL UUUUUNNNNND NOOOOOCH MAAAAAAAAAAL! Diese Abschnitte sind fucking frustrierend und in meinen Augen vollkommen unnötig, denn das solide Gameplay ist dann nur noch Glücksspiel und Buttonmashing. Die Bosse sind da ne ganz andere Nummer. Die kann man mit genügend Skill locker zerlegen und das fühlt sich in meiner Hose richtig gut an. Diese beschissene Gegnerflut ist so eine cheape Drecksscheiße, wie ich sie selten erlebt habe. Dann hat man für den Boss nichts mehr zum Heilen und muss den ganzen Weg noch mal laufen. Mein Gott, war ich sauer. MEIN GOTT, BIN ICH SAUER!
Hyper Light Drifter hat viel versprochen und nicht delivered. Es sieht super aus. Es spielt sich an sich toll. Es ist leider komplett frei von Geschichte. Man hätte so viel draus machen können. Es ist abwechselnd Kindergeburtstag und Pulsadern aufschneiden. Es hat unglaublich dicke Designflaws, die man mit schicker Grafik nicht verbergen kann. Und nein, es ist kein Zelda/Diablo-Hybrid. Seid ihr behindert?